19.8.06

Hallo Taxi,

Es war wieder soweit, Semesterferien! Ein Job musste gefunden werden und es sollte wie die anderen zuvor ein interessanter Job sein. Ganz normale Jobs waren nichts für mich, nein ein bisschen Nervenkitzel musste schon dabei sein. Hatte mein Vater mir nicht immer erzählt, wieviel Spass ihm das Taxifahren kurz nach dem Krieg gemacht hatte und was er dabei alles erlebt hatte. Und Autofahren machte mir schon immer Spass. Hatte ich doch schon im Teenager-Alter mit dem Wagen meines Vaters in der Wallachei üben dürfen und dabei viel Spass gehabt, aber auch einigen Ärger, weil ich meinen Freundinnen auch das Autofahren beibringen wollte. Aber davon später. Ja, Taxifahren, das war es. Nur wie kommt man schnell zu einem Taxi-Schein? Na ja, das kann ja nicht das schwierigste sein. Gesagt, getan, auf zum Strassenverkehrsamt und fragen, wie man zu so einem Schein kommt. "Ja, junge Dame, das dauert mindestens 6 Monate bis Sie so einen Schein bekommen können und vorher müssen Sie sich auch noch gründlich auf die Ortskenntnisprüfung vorbereiten." Nein, das kam für mich nicht in Frage! "In sechs Monaten brauche ich den Job nicht mehr, das ist zu spät", antwortete ich dem netten Herrn von der Dienststelle. "Wer ist denn hier zuständig für diese Prüfungen?"
"Ja, ich" sagte der Herr. "Nun dann könnten Sie mich doch auch jetzt gleich prüfen und dann könnte ich den Job doch noch in diesen Ferien machen". Ich sagte das eigentlich nur im Spass, aber der Mann war so überrascht, dass er kurz überlegte und dann sagte: Ja, das könnte ich!
Es schien, als würde er stolz über seine Befugnisse sein. Er war der Chef und ihm gefiel wie diese junge Dame sich über alle Richtlinien wegsetzte und tat als sei es das Selbstverständlichste der Welt mal eben an einem Tag den Taxischein zu erwerben. Soviel Unbekümmertheit war er nicht gewohnt und ihm gefiel es. "Ja, dann prüfen Sie mich doch mal eben", sagte ich, obwohl ich natürlich völlig unvorbereitet war. Aber nun hatte ich den Stein ins Rollen gebracht und nun musste ich da durch, wie auch immer. Prüfungen waren noch nie mein Ding, aber wenn schon, dann war plötzlich und unvorbereitet immer noch besser als anders. Man würde sehen, was dabei rauskam. Und zu meiner grossen Überraschung sagte der Herr vom Strassenverkehrsamt: "Ja, dann gehen wir es an und ich prüfe Sie jetzt!" Oh Mann, auf was hatte ich mich da eingelassen? Das konnte ja eigentlich nur schief gehen, aber wie gesagt, erst die grosse Klappe haben und nun klein beigeben. Nein, das war nicht meine Art. Und Prüfungen nicht bestehen, das kannte ich auch schon, es konnte also gar nicht so schlimm werden. Der Mann machte ein wichtiges Gesicht und schon ging es los. "Fahren Sie den kürzesten Weg von der Neuen Strasse zur Veerenholzstrasse". Oh oh, das war ganz schön schwer, aber die Neue Strasse kannte ich, weil ich aus Lehe kam und in der Veerenholzstrasse kannte ich auch jemanden der dort wohnte. Glück gehabt, so ein Zufall, aber konnte es so weitergehen? Es ging so weiter und ich hatte unwahrscheinliches Glück. Ein paar Fragen beantwortete ich falsch, aber man konnte sich einige Fehler erlauben und der Rest war richtig beantwortet. Der Prüfungsmann war sichtlich beeindruckt und konnte es selbst wohl nicht fassen, als er sagte: "Ja, Sie haben die Prüfung bestanden und wenn die weiteren Formalitäten erledigt sind, können Sie bald Taxi fahren." Ich jubelte vor Freude und bedankte mich überschwenglich. Na ja und das bisschen was an weiteren Formalitäten noch fehlte, könnte ja auch nicht so schwer zu besorgen sein. Da war die amtsärztliche Untersuchung und das polizeiliche Führungszeugnis und die Auskunft aus Flensburg, ob irgendetwas gegen mich vorlag. Ich machte sich gleich auf den Weg zum Gesundheitsamt und erfuhr, dass der zuständige Arzt noch 3 Wochen in Urlaub war. Aber was für ein unglaublicher Zufall, die Sekretärin des Arztes war die Mutter einer ehemaligen Klassenkameradin und die war sofort bereit zu helfen und besorgte einen Termin am nächsten Tag bei der zuständigen Vertretung. Das pol. Führungszeugnis war auch schnell beantragt und die Auskunft aus Flensburg konnte man doch auch telegrafisch anfordern. Es flutschte nur so und als wenn es nicht anders sein sollte, ich hatte nach 2 Tagen den Taxischein in meiner Hand und der aufregende Ferienjob konnte los gehen. Wie sagt man doch immer: Wo ein Wille, da ein Weg und dieser Spruch stimmte, jedenfalls sah ich es von nun an so.

© Brigitte Ehlers 2010

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Brigitte,

das ist eine nette Geschichte. Die ist lustig. Mach weiter so. Ich würde es schön finden, wenn Du noch mehr Texte und Geschichte über Lehe schreiben könntest.
Du bist doch soviel in Deutschland herumgekommen und kennst tausend Leute.
Also ans Werk.

Peter